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Demokratiebildung

Konzept: Demokratiebildung am RBZ Wirtschaft . Kiel

Die Sicherung und Entwicklung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung, basierend auf den Prinzipien der Mitbestimmung, Gewaltenteilung und Garantie der Menschenrechte, steht angesichts zunehmender Politikferne, autoritärer und nationalistischer Orientierungen sowie Angriffen auf Würde und Leben vermeintlich „fremder“ und andersdenkender Menschen gegenwärtig vor großen Herausforderungen. Demokratiebildung stellt in diesem Sinne einen wichtigen Schwerpunkt in der pädagogischen Arbeit am RBZ Wirtschaft . Kiel dar, der entsprechend der unterschiedlichen Profile und Curricula unserer insgesamt 34 Bildungsgänge mit über 4100 Schülerinnen und Schülern unterschiedlicher Herkunft und Sozialisierung vielfältig ausgeprägt ist, dabei aber grundlegenden, in den Fachkonferenzen abgestimmten Überlegungen folgt. Unter Demokratiebildung verstehen wir

  1. die Vermittlung notwendiger historisch-politischer Kenntnisse zum vertieften Verständnis der Entwicklung, Formen, Strukturen und Konfliktlagen von Demokratie im Unterricht,
  2. vielfältige Angebote zur Vertiefung und Reflexion dieser Kenntnisse innerhalb und außerhalb der Schule durch Vortrags- und Diskussionsveranstaltungen mit Experten und Zeitzeugen, Besuche außerschulischer Lernorte sowie Projekte und Workshops mit externen Kooperationspartnern,
  3. Möglichkeiten der unmittelbaren Realisierung demokratischer Mitbestimmung durch die Beteiligungsstrukturen innerhalb der Schule, die Unterstützung außerschulischen demokratischen Engagements und das Erleben der Wirksamkeit der eigenen Demokratie-Arbeit in der Öffentlichkeit.

 

  1. Vermittlung historisch-politischer Kenntnisse
    Die Vermittlung grundlegender Kenntnisse über die historische Entwicklung der modernen Demokratie, ihre Kernprinzipien Volkssouveränität, Gewaltenteilung und Rechtsstaatlichkeit, ihrer Spielarten, Funktionsmechanismen und Konfliktlagen findet am RBZ Wirtschaft v.a. in den Fächern Politik, Gemeinschaftskunde und Geschichte, aber auch in weiteren Fächern wie Wirtschaft, Geographie oder Philosophie statt, wenn es um – von der demokratischen Gestaltung unserer Welt nicht zu trennende – Fragen der wirtschaftlichen Stabilität, der sozialen Gerechtigkeit oder der Bildung für Nachhaltigkeit und Entwicklung geht. Im Fachunterricht erarbeiten und diskutieren die Schülerinnen und Schüler gem. Fachcurricula in unterschiedlicher Schwerpunktsetzung – unter Einbeziehung von Impulsen und Wünschen der Lerngruppen – an konkreten historischen und gegenwärtigen Beispielen u. a. die Formen, Chancen und Grenzen direkter und indirekter Mitbestimmung, die von den Menschenrechten ausgehenden Freiheiten und damit gleichzeitig verbundenen Verantwortlichkeiten oder auch die Herausforderungen und Gefährdungen der Demokratie durch alte wie neue Medien. Gemeinsam ist dem Unterricht in allen Bildungsgängen dabei das übergeordnete Ziel der Schaffung von Interesse, Offenheit und Verständnis für die Möglichkeiten eines würdevollen, freien, selbstbestimmten Lebens in der Demokratie wie auch für das dafür notwendige eigene Engagement, die diskursive Entwicklung begründeter eigener Positionen und deren Vertretung in respektvoller, gewaltfreier und (selbst-)kritischer Auseinandersetzung mit anderen Meinungen. Wissenschaftlich und pädagogisch ausgebildete Fachlehrkräfte gestalten und begleiten das Demokratie-Lernen im Unterricht und informieren sich – unserem Fortbildungskonzept entsprechend – regelmäßig verpflichtend über aktuelle inhaltliche Entwicklungen im Spannungsfeld Demokratie sowie neue – v. a. auch digital gestützte – Unterrichtsmethoden und Lernarrangements.

 

  1. Vertiefung und Reflexion
    Die Vertiefung und Reflexion der im Unterricht erworbenen Kenntnisse erfolgt am RBZ Wirtschaft Kiel durch mehrfache Ansätze, den „Tellerrand“ der Fächer und Bildungsgänge zu überschreiten und die Lebenswirklichkeit unserer Gesellschaft in die Schule zu holen bzw. in sie hineinzuwirken. Dazu dienen zunächst unsere regelmäßigen Vortrags- und Diskussionsveranstaltungen, in denen Experten und Zeitzeugen aus Wissenschaft, Politik und Kultur über ihre Arbeit und Erfahrungen berichten und mit den Schülerinnen und Schülern über gesellschaftlich relevante Themen ins Gespräch kommen. So haben bei uns – um nur einige aktuelle Beispiele aus dem letzten und dem laufenden Schuljahr zu nennen – der bekannte „Mr. WissenToGo“ Mirko Drotschmann über Chancen und Risiken der Information im Netz, der britische Soziologe David Ranan über das Stereotyp des Antisemitismus unter muslimischen Jugendlichen, der Schleswig-Holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther und der Kieler Bundestagsabgeordnete Matthias Stein über aktuelle Herausforderungen der Landes- und Bundespolitik, der Landtagsabgeordnete Lasse Petersdotter über die digitalen Strategien von Rechtsextremisten, Kathrin Himmler als Großnichte eines Massenmörders über die ebenso notwendige wie schwierige Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte oder auch der Liedermacher und DDR-Regimekritiker Stephan Krawczyk über Gefährdungen der Meinungsfreiheit in der Diktatur gesprochen und die gemeinsame Diskussion – in den Unterricht zurückwirkend – gefördert.
    Vergleichbare Ziele verfolgen wir mit dem – konzeptionell noch auszubauenden – Besuch außerschulischer Lernorte, der mittelfristig fester Bestandteil der Arbeit in allen Klassen werden soll. Sehr gute Erfahrungen wurden und werden in vielen Klassen durch die Teilnahme an Plenarsitzungen einschl. Abgeordnetengesprächen im Schleswig-Holsteinischen Landtag oder im Bundestag gemacht, bei denen die Schülerinnen und Schüler unmittelbare Einblicke in die Entscheidungsprozesse in der repräsentativen Demokratie gewinnen. Der besseren Wertschätzung von Freiheit und Demokratie dienen regelmäßige Besuche der KZ-Gedenkstätte Neuengamme, nach Möglichkeit begleitet von eigenen Recherchen, dem Nachgehen eigener Interessenschwerpunkte im dortigen „Offenen Archiv“. Sehr beeindruckt zeigen sich unsere Schülerinnen und Schüler aber auch immer wieder von den Führungen durch ehemalige Häftlinge im Stasi-Gefängnis Berlin-Hohenschönhausen, das in den vergangenen Jahren häufig Ziel von Lerngruppen aus dem RBZ Wirtschaft Kiel war.

    Fester und herausragender Bestandteil unserer Demokratie-Arbeit sind – neben vielen zeitlich begrenzten Projekten im Themenfeld – mehrere z.T. langjährige Projekte und Workshops mit externen Partnern, durch die den Schülerinnen und Schülern die gesellschaftliche Bedeutung der behandelten Themen und Inhalte ebenso bewusst wird wie ihre eigenen Möglichkeiten, verantwortungsvoll demokratisch in die Öffentlichkeit zu wirken. (1) So begleiten Schülergruppen unserer Schule seit 2006 in Zusammenarbeit mit der Stadt Kiel regelmäßig die Stolperstein-Verlegungen des Künstlers Gunther Demnig durch den Vortrag selbst erarbeiteter biographischer Texte über die gewürdigten NS-Opfer und machen so deutlich, wie die rassistische Ausgrenzung und Verfolgung von Minderheiten die deutsche Gesellschaft vergiftet haben und wieder vergiften können – und wie wichtig im Umkehrschluss die Garantie demokratischer Rechte und Freiheiten ist. (Hieraus entstanden auch Audiodateien mit den Lebensläufen verfolgter Familien in Zusammenarbeit mit dem Offenen Kanal Kiel, die Interessierte auf einem „Spaziergang“ durch den Stadtteil Ravensberg an den Stolpersteinen über ihr Smartphone anhören können.) (2) Im Rahmen des Projektes „Hinsehen!“ der Kieler Zentralen Beratungsstelle für Migrantinnen und Migranten ZBBS e.V. finden seit 2011 – also schon vor der Flüchtlingsbewegung des Jahres 2014 und dadurch in der Bedeutung weiter gestärkt – in Zusammenarbeit mit dem Kieler Dokumentarfilmer Fredo Wulf Begegnungsprojekte zwischen Schülerinnen und Schülern und Geflüchteten statt, bei denen diese über künstlerische Vorhaben, über eigene Theaterstücke, Kurzfilme, Texte und Bilder ins Gespräch kommen, Berührungsängste überwinden, Verständnis für Positionen und Haltungen des „Anderen“ entwickeln und gemeinsame Hoffnungen und Erwartungen für die Zukunft formulieren. (2011/12 gewann der in diesem Rahmen entstandene Film „Kein Ort. Nirgends“ u. a. den 2. Platz beim Schulwettbewerb des Bundespräsidenten zur Entwicklungspolitik und wurde in den folgenden Jahren deutschlandweit im Unterricht eingesetzt.) (3) Seit 2016 führt das RBZ Wirtschaft Kiel als erste Schule in Schleswig-Holstein und seither regelmäßig jährlich in Kooperation mit der Heinrich-Böll-Stiftung den „Demokratietag“ durch, auf dem jeweils ca. 400 Schülerinnen und Schüler in 25 frei wählbaren Workshops mit externen Experten u. a. zu den Themen Grundrechte, Geschlechtergerechtigkeit, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus, Populismus und Extremismus, Verschwörungstheorien, Fake News, Hate-Speech im Internet, Migration oder auch Europäische Integration arbeiten und dabei nicht „nur“ vertiefte Einsichten in die Relevanz der behandelten Themen für sie selber gewinnen, sondern auch Kontakte in die außerschulische Demokratie-Arbeit knüpfen können. (4) Der Bewusstmachung aktueller politischer Fragen und Probleme dient auch die regelmäßige Teilnahme an den Juniorwahlen der Bundeszentrale für politische Bildung, die von Klassen aus allen Bildungsgängen eigenverantwortlich auf Basis der Bestimmungen des Wahlgesetzes durchgeführt werden (zuletzt Landtags- und Bundestagswahl 2017, Europawahl 2019 mit jeweils 600-800 TN). Dadurch werden sie vertraut mit den Abläufen einer demokratischen Wahl, beschäftigen sich eingehender mit den Positionen und Angeboten der antretenden demokratischen Parteien, diskutieren nach der Wahl die Parallelen und Unterschiede in den Ergebnissen von Juniorwahl und „Erwachsenenwahl“ und verfolgen mit entsprechend erhöhter Aufmerksamkeit die politischen Entwicklungen in der folgenden Legislaturperiode. (5) Auch durch die regelmäßige Teilnahme an verschiedenen Schülerwettbewerben kann das RBZ Schülerinnen und Schüler immer wieder erfolgreich dazu motivieren, sich mit gesellschaftlichen und politischen Problemstellungen vertieft auseinanderzusetzen. Hierdurch konnten die Schülerinnen und Schüler z. B. beim Europäischen Wettbewerb oder dem Handelsblatt-Wettbewerb „Econo.me“ immer wieder Bestplatzierungen erreichen. Im Rahmen des größten deutschen Schülerwettbewerbs zu gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Herausforderungen “Young Economic Summit - YES!” beteiligen sich regelmäßig Schülergruppen des RBZ an der Suche für Lösungen aktueller Probleme. In diesem Jahr etwa entwickelte die RBZ Schülergruppe UPGREENING ein preisgekröntes zukunftsorientiertes Konzept unter dem Slogan „Improve the way you move“ zur Beratung von Unternehmen beim Betrieblichen Mobilitätsmanagement. Sie optimieren die Ausstattung der Unternehmen und die Arbeitswege der Mitarbeiter im Hinblick auf Nachhaltigkeit und Gesundheit. Die Schülerinnen und Schüler suchten sich selbstständig Kooperationspartner und knüpften Kontakte zu Unternehmen sowie kommunalpolitischen Entscheidungsträgern. (5) Als laufendes Projekt sei schließlich die für Anfang kommenden Jahres geplante Landesausstellung „KZ überlebt“ im Schleswig-Holsteinischen Landtag genannt, deren Rahmenprogramm zu wesentlichen Teilen von Schülerinnen und Schülern unserer Schule gestaltet wird, die u. a. die Peer-to-Peer-Führungen durch die Bilder-Ausstellung übernehmen und die Ergebnisse ihrer eigenen Annäherungen an das schwierige, umstrittene Thema der angemessenen Erinnerung an die NS-Verbrechen bzw. die Würdigung der Opfer – angesichts des allmählichen Verstummens der Zeitzeugen – präsentieren werden. Alle in diesem Rahmen geplanten Veranstaltungen werden offen für alle Interessierten sein, womit unser zentrales Anliegen, den Schülerinnen und Schülern Anlass und Raum für eine wichtige, eigenverantwortliche und öffentlichkeitswirksame Beschäftigung mit Demokratie-relevanten Themen zu geben, erfüllt werden dürfte.
  1. Realisierung demokratischer Mitbestimmung
    Das eigentliche Ziel von Demokratie-Bildung muss die – über die Schulzeit hinaus wirksame – Bereitschaft zum eigenen demokratischen Engagement sein, deutlich werdend in der diskursiven Entwicklung und Überprüfung eigener, begründeter Positionen, in der Beteiligung an demokratischen Entscheidungsprozessen und bestenfalls in der aktiven Mitgestaltung einer freiheitlichen, offenen und toleranten Gesellschaft. Die damit angesprochene Realisierung demokratischer Teilhabe findet – neben den oben genannten öffentlichkeitswirksamen Projekten – am RBZ Wirtschaft Kiel zunächst einmal im Handlungsraum Schule selbst statt, in dem die Schülerinnen und Schüler über viele Möglichkeiten der Mitgestaltung von bzw. Mitentscheidung über Unterricht und Schulleben verfügen. So nehmen sie über ein verpflichtend vereinbartes Feedback-Verfahren, über das die Lehrkräfte regelmäßig Rückmeldungen ihrer Lerngruppen zu Inhalten, Methoden und Atmosphäre im Unterricht einholen, die Ergebnisse offen besprechen und in der Folge berücksichtigen, Einfluss auf die Gestaltung ihres Unterrichtes. (Als „Gesamtfeedback“ der Schülerinnen und Schüler über ihre Zeit am RBZ Wirtschaft Kiel dient daneben die von allen Abgängerinnen und Abgängern jährlich eingeholte „Rückmeldung zu Organisation und Leitung“, die in der Schulleitung und in den Bildungsgängen ausgewertet wird und in die weitere Unterrichts- und Schulentwicklung einfließt.) Darüber hinaus nehmen die Klassensprecherinnen und Klassensprecher an den in allen Klassen regelmäßig mind. halbjährlich stattfindenden Teamsitzungen (Lehrkräfte, Schülervertreter, ggf. Elternvertreter) teil, bei denen die Situation der Klasse besprochen, jährlich aktualisierte Zielvereinbarungen geschlossen und Klassenvorhaben gemeinsam auf den Weg gebracht werden. Die bei uns im repräsentativen Verfahren – über eine bildungsgangs- bzw. abteilungsspezifische Wahl durch die Sprecherinnen und Sprecher aller Klassen – gewählte Schülervertretung bringt schließlich die Interessen und Positionen der Schülerinnen und Schüler gem. den im SchulG SH verankerten Beteiligungsrechten in die Fachkonferenzen und Schulkonferenz bzw. Pädagogische Konferenz ein. In einem – unserem Schulprogramm entsprechend – von Offenheit, Respekt und Wertschätzung geprägten Handlungsrahmen können sich die Schülerinnen und Schüler am RBZ Wirtschaft Kiel somit als Partner erleben, dessen Meinung gehört und berücksichtigt wird, der aber auch Verantwortung für das Gelingen schulischer Arbeit und schulischen Zusammenlebens trägt.
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